Schmale Führung am US-Aktienmarkt: Fehler aus der Vergangenheit nicht wiederholen

Carl Ghielen, Senior Client Portfolio Manager für High-Dividend-Strategien bei NN Investment Partners:

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Carl Ghielen

Ja, US-Aktien haben in den vergangenen Monaten regelmäßig neue Allzeithochs erreicht. Aber das ist nicht das vollständige Bild. Die zehn Titel, die sich im S&P 500 Index seit Jahresbeginn am besten entwickelt haben, sind für rund 50 Prozent der Wertentwicklung des Index verantwortlich, also für fast 4,5 Prozent. Es handelt sich also um eine sehr kleine Gruppe von sehr gut laufenden Titeln – zumeist aus dem IT-Sektor oder verwandten Branchen. Die aktuelle Situation, in der Anleger in diese Aktien stark von der einen Annahme geleitet werden, dass die Zinsen weiter niedrig bleiben, erinnert an vergangene Zeiten, in denen Aktienanlagen, die im Wesentlichen auf einer bestimmten Annahme beruhten, tränenreich endeten. Nämlich dann, als politische Fehler und externe Schocks die Märkte aufwühlten, inklusive Spitzentitel.

Diese schmale Führung resultiert aktuell in einem rekordverdächtigen Stilwechsel: Der MSCI US Growth Index liegt dieses Jahr um 12 Prozent vor dem Value Index. Somit hat Value seine seit Januar 2016 erzielte relative Mehrrendite gegenüber Growth wieder fast komplett abgegeben. Schwächere Wirtschaftsdaten in den USA, anhaltende Sorgen über die Nachhaltigkeit des Wachstums und verblassende Versprechen von US-Präsident Trump lösten diese Situation der Kombination von niedriger Volatilität und Technologierallye aus.

Müssen sich Aktienanleger nun Sorgen machen? Nein, aber es ist Zeit, dass Anleger längerfristig wieder mehr auf die Fundamentaldaten achten sollten. Je mehr kurzfristige Begründungen für die Entwicklung des Aktienmarkts verantwortlich sind, desto schmaler die Führung, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass ein unvorhergesehenes Marktereignis die Aufmerksamkeit der Anleger auf die Fundamentaldaten zurücklenken wird.

Das sollte den High Dividend Fonds von NN Investment Partners zugutekommen. Seit Ende vergangenen Jahres haben wir Finanzwerte in den Fonds schrittweise reduziert, auch wenn wir immer noch übergewichtet sind. Auch den IT-Sektor haben wir im Portfolio reduziert, da sich IT bereits sehr gut entwickelt hatte. Aufgestockt haben wir hingegen ausgewählte Titel aus den Bereichen Basiskonsumgüter und Versorger, aber auch unsere Cash-Position.

Europa: Präferenz für Aktien, die auf den lokalen Markt ausgerichtet sind

Aufgrund des Wiederauflebens der Reflation wurden die europäischen Aktienmärkte vergangenes Jahr von global ausgerichteten zyklischen Sektoren angetrieben. Für uns sind diese Titel die Sieger der ersten Reflationswelle. Die Sieger der nächsten Welle dürften eher auf den Binnenmarkt ausgerichtete Sektoren sein, die von der heimischen Konjunkturerholung profitieren. Innerhalb dieses Segments halten wir die Balance zwischen zyklischen und defensiven Werten. Unter den zyklischen Branchen finden wir Banken, Versicherungen, Bau und Transport interessant. Bei den defensiveren Sektoren favorisieren wir Telekommunikation, Versorger und Immobilien.

Schwellenländer: Chinas Politik reduziert langfristige Risiken

Auch wenn die Sorgen über das Risiko einer harten Landung Chinas abgeebbt sind, fürchten Anleger weiter die Auswirkungen der strafferen Geldpolitik und des Schuldenabbaus im Reich der Mitte. Wir sind optimistischer und gehen davon aus, dass ein kontrollierter Schuldenabbau zusammen mit dem weiteren Reformprogramm Aktien aus China und den Schwellenländern zugutekommen kann: Die Risiken für den längerfristigen Ausblick nehmen ab, wenn auch auf Kosten kurzfristiger Kurschancen. Man darf nicht vergessen, dass die Chinesen ihre Geldpolitik aus einer starken Position heraus straffen.

Die Industrie ist in einem guten Zustand, und die Umstellung auf eine konsum- und dienstleistungsorientierte Wirtschaft geht rasch voran. Es deutet bisher einiges darauf hin, dass die traditionellen geldpolitischen und fiskalischen Hebel gut funktionieren. Ein Beispiel ist der Immobilienmarkt, der sich nach Einführung diverser Abkühlungsmaßnahmen abschwächt, aber nicht zusammenbricht.

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