US-Wähler entscheiden sich für Trump

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Valentijn van Nieuwenhuijzen

„Entscheidend ist nun, ob sich Trump als populistischer oder pragmatischer Präsident der USA erweisen wird“, erläutert Valentijn van Nieuwenhuijzen, Chefstratege und Head of Multi-Asset bei NN Investment Partners. „Selbst eine eher pragmatische Vorgehensweise wird erst über einen gewissen Zeitraum sichtbar sein. Von daher ist der kurzfristige Ausblick eingetrübt mit (geo-) politischer Unsicherheit.“

Für die Finanzmärkte beginnt damit eine Phase der Unsicherheit, denn Trump’s Präsidentschaftssieg könnte einen klaren Bruch mit dem Status quo einleiten. Vor allem im Hinblick auf den fiskal- und geldpolitischen Kurs, die internationale Handelspolitik, die Einwanderungs- und die Außenpolitik, wie das Abkommen mit dem Iran. Riskante Vermögenswerte dürften in Mitleidenschaft gezogen werden, solange die Unsicherheit anhält – das dürfte für geraume Zeit der Fall sein, denn die Amtseinführung findet erst am 20. Januar 2017 statt. Auch selbst dann wird sich der Nebel möglicherweise nur langsam lichten, bis sich Trump entweder als Pragmatiker erweist, der seine Wahlkampfdrohungen und -versprechen merklich verwässert, oder aber bis er seine populistischen Vorhaben umsetzt.

Schwellenländer anfällig; Risiken vor allem für Mexiko und China

Besonders anfällig sind die Schwellenländer und Schwellenländervermögenswerte, da die Anleger protektionistische Maßnahmen fürchten, die beträchtliche Auswirkungen auf die Importe der USA aus Schwellenländern hätten. Vor allem Länder, die sehr viel in die USA exportieren, könnten in hohem Maße betroffen sein. Dies gilt insbesondere für Mexiko, das 82% seiner gesamten Exporte in das nördliche Nachbarland liefert. Der Exportsektor ist von großer Bedeutung für die Beschäftigung, und das Exportwachstum muss mit dem Importwachstum Schritt halten, um eine übermäßige Ausweitung des Handelsbilanzdefizits zu verhindern.

Auch China könnte von einer möglichen Kursänderung in der US-Handelspolitik betroffen sein. Rund 18% der chinesischen Exporte gehen in die USA. Da die Aussichten für Chinas Inlandsnachfrage nicht allzu günstig sind, ist das Land auf ein kräftiges Exportwachstum angewiesen, wenn eine merkliche Konjunkturverlangsamung verhindert werden soll.

Bei einer vorsichtigeren Zinspolitik der Fed könnte der Dollar in Mitleidenschaft gezogen werden

Für die Geldpolitik und die Anleiherenditen dürften die Auswirkungen zweischneidig sein. Zunächst könnte die Risikobereitschaft zunehmen, was zu sinkenden Renditen von Staatsanleihen führen würde. Aufgrund der durch Trump‘s Wahlsieg ausgelösten Unsicherheit dürfte die Fed in punkto Zinsanhebungen vorsichtiger vorgehen. Dies könnte für diejenigen Schwellenländer, die stärker von ausländischem Kapital als von Exporten in die USA abhängen ein positiver Faktor sein; der Nettoeffekt ist allerdings angesichts von Trumps protektionistischer Haltung wohl immer noch negativ zu sehen. Der US-Dollar dürfte kurzfristig durch das vorsichtigere Vorgehen der Fed und die Furcht vor einem protektionistischen Kurs in Mitleidenschaft gezogen werden.

Höhere Haushaltsdefizite und stärkere Inflation könnten Anleiherenditen nach oben treiben

Mittelfristig würde eine vollständige Umsetzung von Trumps Vorhaben zu einem kräftigen Anstieg des Haushaltsdefizits führen, da er „mindestens doppelt so hohe“ Infrastrukturausgaben wie Clinton plant und zugleich die Steuern senken will. Aufgrund der fiskalpolitischen Fundamentaldaten und durch Trump‘s Politik ausgelösten Inflationsdruck könnte es zu einer Trendumkehr bei den Anleiherenditen kommen, so dass diese wieder ansteigen. Dies wäre vor allem dann der Fall, wenn die Fed zur Eindämmung der Inflationserwartungen eine aggressivere Politik verfolgte.

Umfassendere Handelshemmnisse und eine Begrenzung der Einwanderung könnten zu einem stärkeren Preis- und Lohnauftrieb führen. Die Finanzmärkte – und zwar sowohl die Renten- als auch die Aktienmärkte – dürften wohl kaum positiv auf eine solche Entwicklung reagieren. Das Zinsumfeld wäre für Schwellenländer-Lokalwährungsanleihen und Schwellenländerwährungen ungünstig und könnte auch die zinssensiblen Edelmetallpreise belasten.

Abwärtsrisiken bei einer weniger aggressiven Politik geringer

Natürlich wird nicht alles so heiß gegessen wie es gekocht wird. Wenn Trump eine etwas weniger aggressive Agenda umsetzte, wären die Auswirkungen auch weniger einschneidend. Höhere Infrastrukturausgaben, niedrigere Unternehmenssteuern und mehr Deregulierung sind nicht per se schlecht für die Aktienmärkte. Falls Trump unter anderem seine Haltung beim Thema Protektionismus mäßigte, könnte die Reflation weiter fortgesetzt werden, wovon Aktien gegenüber Anleihen profitieren sollten.

So könnten die US-Unternehmen bei vorübergehenden Steuererleichterungen für Kapital, welches in die USA zurückfließt (Steuersatz von 10%), wie es Trump im Wahlkampf vorgeschlagen hat, beträchtliche Gewinne einstreichen, was sowohl die Aktien- als auch die Rentenmärkte stützen sollte. Und die Kehrtwenden in den internationalen Beziehungen und in der Handelspolitik, für die sich der gewählte Präsident im Wahlkampf einsetzte, sind nicht so ohne weiteres umzusetzen.