„Herausforderungen der Zukunft meistern“

Von einer „Leuchtturmveranstaltung“ sprach Dr. Michael Völter, Vorsitzender des Vorstands der Vereinigung Baden-Württembergische Wertpapierbörse e.V., am Freitag zur Eröffnung der Invest 2017, der Leitmesse für Finanzen und Geldanlage. „Wer nicht an den Kapitalmärkten agiere, könne kaum Vermögenswachstum erzielen“, sagte Völter. Zwar sei nach wie vor das Sparbuch die „Königsdisziplin“ der Deutschen, doch könne sich die Gesellschaft „eine solche Einseitigkeit nicht leisten“. Der Finanzbranche komme somit die Aufgabe eines Botschafters zu.

Es seien „spannende Zeiten“ für Anleger, betonte Ulrich Kromer von Baerle, Geschäftsführer der Messe Stuttgart. Flexibilität und Eigeninitiative seien zunehmend gefragt. Mit 137 Ausstellern und über 300 Informationsveranstaltungen bilde die Invest praktisch die gesamte Finanzwelt ab und könne daher zeigen, „wohin die Reise geht“. Diese Frage stelle man sich derzeit auch in der Automobilindustrie, welcher die Region Stuttgart ihren Wohlstand verdanke. „Nur, wer neue Möglichkeiten rechtzeitig erkennt, wird auch die Herausforderungen der Zukunft meistern können“.

Phoenix Solar -Sendung „Forum Wirtschaft Spezial“

Dies war auch der Tenor einer anschließenden, hochkarätig besetzten TV- Diskussionsrunde in der Reihe „Forum Wirtschaft Spezial“ auf Phoenix Solar . Die von Markus Gürne, dem Leiter der Programmgruppe ARD-Börse TV, moderierte Sendung stand unter dem Titel „Akku leer? Wie innovativ sind Deutschlands Autobauer?“ Teilnehmer waren Winfried Hermann (Verkehrsminister Baden-Württemberg), Jürgen Pieper (Head of Research, Metzler Capital Markets), Prof. Hans-Christian Reuss (Lehrstuhl Kraftfahrzeugmechatronik, Universität Stuttgart), Marion Jungbluth (Leiterin Team Mobilität und Reisen, Verbraucherzentrale Bundesverband) und Jörg Howe (Leitung Globale Kommunikation, Daimler AG).

Einen guten Einstieg in das kontroverse Gespräch bot das Reizthema Feinstaub. „Undifferenziert“ nannte Verkehrsminister Hermann die derzeit äußerst erhitzt geführte Debatte. Es gehe längst um eine grundlegend neue Organisation der gesamten Mobilität, in welcher der Diesel lediglich eine Übergangstechnologie darstelle. Auf dem Spiel stehe nicht zuletzt die Zukunft einer ganzen Innovationsregion. „Das Festhalten an alter Technik bremst die Entwicklung“, sagte er. „Neue Technologien eröffnen neue Chancen. Diese sind da, aber nicht ewig. Wenn andere sie zuerst ergreifen, sind sie weg.“

Diesel-Skandal gefährdet Marke „Made in Germany“

Eine neue „Aufteilung des Mobilitätsraumes“ forderte auch Marion Jungbluth von der Verbraucherzentrale. Man brauche „andere Vehikel als tolle, fette Autos“. Der Abgaswerte-Skandal habe die Marke Made in Germany „in Gefahr“ gebracht. Nun sei es an der Industrie, diesen Vertrauensverlust wieder wettzumachen. Im Hinblick auf die Elektromobilität erlebe sie die Autobauer jedoch als „jammernde Kinder“, denen es bis heute nicht gelungen sei, eine attraktive Produktpalette auf den Markt zu bringen.

Dem widersprach Daimler -PR-Chef Jörg Howe vehement: Man investiere seit Jahren große Summen in die Elektromobilität, doch müsse sich diese auch „für die Hersteller rechnen“. Erst jetzt könnten Akku-Reichweiten im Bereich von 500 Kilometern erzielt werden, sagte er. Wenn man Autos anbiete, die „keiner haben will“, könne man sie nicht verkaufen und habe folglich auch kein Geld für die Forschung übrig. Denn: „Irgendwo muss die Kohle herkommen.“

Elektromobilität „technisch machbar“

Es sei ohnedies nicht ratsam, übereilt in die technologische Zukunft zu stolpern, mahnte Prof. Hans-Christian Reuss von der Universität Stuttgart. „Die Zukunft ist elektrisch“, aber „eine neue Technologie fällt nicht vom Himmel“. Außer dem Reichweiten-Problem gebe es eine Vielzahl sehr komplexer Sachverhalte zu beachten, etwa die Ladestruktur und die Energieversorgung in Spitzenzeiten. Elektromobilität sei „technisch machbar“, doch solle man nichts überstürzen, sondern „Schritt für Schritt alles ordentlich machen“.

Jürgen Pieper von Metzler Capital Markets äußerte Zweifel am Elan der traditionell am Verbrennungsmotor orientierten Entwicklungsabteilungen, die das Elektroauto bislang schlicht „nicht wollten“. Man sei „aus einer enorm starken Position“ in die Abgaswerte-Krise geschlittert, die somit „eine große Chance“ für die Automobilindustrie gewesen sei. Diese sei jedoch „schon zur Hälfte vertan“. Folglich seien auch die Investoren zurückhaltender geworden. Beim selbstfahrenden Automobil hingegen sei die Industrie „gut aufgestellt“. Insgesamt blieb Piper verhalten optimistisch: Vor den deutschen Autobauern liege „ein langer Weg, aber ein richtiger Weg“.